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Renate

Lebensbericht von Renate K.

Es ist nun über 30 Jahre her, da merkte ich, dass mein Trinkverhalten von Alkohol anders wurde. Wenn ich trank, wollte ich mehr. Es war direkt eine Gier nach Alkohol. Es endete fast jedes mal mit einem Vollrausch. Es fehlten mir Stunden, von denen ich nicht wusste, was ich gemacht hatte.

Mein Mann ging in seiner Verzweiflung zu meinem Bruder. Der rief beim Gesundheitsamt an und fragte, was man da machen könne. Die verwiesen ihn an das Blaue Kreuz. Bald darauf besuchte mich Herr O. vom Blauen Kreuz. Ich unterschrieb Abstinenzverpflichtungskarten. Damals waren noch keine Frauen in der Gruppe. Von da ab ging es bergauf und bergab. Ich hatte Abstinenzphasen bis zu einem Jahr.

Aber immer wieder kehrte ich zur Flasche zurück. Es waren über 10 Jahre, in denen ich mit dem Alkohol gekämpft habe und immer wieder verlor. Mein Mann wollte sich während der Zeit des Öfteren scheiden lassen. Da legte ich wieder Abstinenzphasen ein und er dachte, sie schafft es. Wegen der Trinkerei war ständig Streit.

In der Sucht war ich ein ganz anderer Mensch. Das wollte ich nicht. Aber das Suchtmittel war stärker als ich. Es hat mich gesteuert. Ich war total zerrissen. Schuld und gute Vorsätze wechselten in einer Tour ab. Meine Familie hat darunter sehr gelitten. Ein großer Leidensdruck lastete auf mir.

Gezwungenermaßen willigte ich dann zu einer halbjährigen Kur in Hutschdorf ein, um endlich meine Ruhe zu haben. Dort war ich nicht so alleine mit meiner Krankheit. Es gab zwar auch welche, die nur wegen Fußleiden oder einem gekühlten Bier da waren. Aber das war nicht mein Problem. Zur Osterzeit hatte ich Gelegenheit zur Beichte. Ich heulte mir alles von der Seele, was mir einfiel. Es war eine Befreiung! Schwester Anna sagte damals zu mir: "Nehmen sie das Geschenk von Gott an: Es ist ihnen vergeben! Setzen sie sich den Rucksack nicht selber wieder auf." Das ist mir aber nur zum Teil gelungen. Auf alle Fälle ging es seit der Kur aufwärts. Ich merkte, die Kur mache ich nicht für meine Familie, sondern auch für mich. Weihnachten sind es nun über 23 Jahre, in denen nicht immer die Sonne schien. Nein, bestimmt nicht!

Kaum war ich von der Kur zu Hause, musste mein Sohn ins Heim. Er ging nicht in die Schule, rauchte, trank und spielte. Das kostete viel Geld. Er wurde straffällig. Wenn ich es mir nicht damals schon zum Gebot gemacht hätte, in die Gruppe zu gehen, wäre der Rückfall vorprogrammiert gewesen. Ich bin dann 15 Jahre einer Vollzeitbeschäftigung nachgegangen. So habe ich doch noch 27 Rentenjahre. 1986 haben wir mit unserer Tochter zusammen ein Haus gekauft.

Vor einigen Jahren starb mein Sohn. Er war auch alkoholkrank. Ich habe bis zum Schluss die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sich einmal bei ihm alles zum Guten wendet. Leider war das nicht so. Aber ich bin trotzdem froh, dass ich bis zum traurigen Ende daran geglaubt habe. Das werdet ihr vielleicht nicht verstehen.

Meine Tochter ist Erzieherin und leitet einen Kindergarten. Sie geht in ihrem Beruf auf und darauf bin ich stolz. Mein Selbstbewusstsein ist in den Jahren seit der Kur gewachsen. Nach der Kur war ich zunächst nur trocken. Nun bin ich aber zufrieden trocken! Das hat bei mir sehr lange gedauert.

Das Blaue Kreuz ist für mich eine Tankstelle, bei der es nur Super gibt!

Ich kann meine Sorgen abladen und meine Freude mitteilen. Ich kann nehmen und geben, und das nutze ich voll aus.